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Zentralasien ist eine der tektonisch aktivsten Regionen der Erde und befindet sich im Einfluss zweier großer Klimasysteme: der Westwindzone und des Monsuns. CaTeNA untersucht die zwei gravierendsten Naturgefahren, die sich durch diese Rahmenbedingungen ergeben: Erdbeben und Massenbewegungen. Ziel ist es, die den Phänomen zugrundeliegenden Prozesse und Auslösefaktoren besser zu verstehen und die daraus resultierenden Risiken besser abzuschätzen.

Naturrisiken in Zentralasien

Die Gebirgsregionen Zentralasiens sind außergewöhnlich stark von Naturgefahren bedroht, insbesondere von Erdbeben und Massenbewegungen. Da Bevölkerung, Infrastruktur und Wohlstand in Zentralasien wachsen, vergrößern sich auch deren Verwundbarkeit durch Naturrisiken. Während das mit Erdbeben verbundene Risiko leicht erkennbar ist, wird die Bedrohung durch Massenbewegungsereignisse oft unterschätzt. In der Tat sind in Zentralasien und insbesondere in der Tian Shan- und der Pamir-Region in der Vergangenheit starke Erdbeben oft von zerstörerischen Hangrutschen und Bergstürzen begleitet gewesen, welche eine große Zahl an Todesopfern forderten.

Risiko- und Vulnerabilitätsabschätzungen

Risiko- und Vulnerabilitätsabschätzungen sind deshalb eine Schlüsselaufgabe, um die zentralasiatischen Staaten und Gesellschaften auf solche wiederkehrenden Extremereignisse vorzubereiten. Diese setzen aber auch ein vertieftes Verständnis der Prozesse voraus, die den Naturgefahren zu Grunde liegen, sowie tiefere Erkenntnisse über deren Zeitskalen, Raten und Kopplungen. Um solche Zusammenhänge zu klären, müssen neben den beobachtbaren Veränderungen (z.B. des Klimas oder der tektonischen Aktivität) auch langfristige, über die Zeitskalen instrumenteller Aufnahmen hinausgehende Prozessabläufe sowie ihre Dimensionen und Ursachen untersucht werden.

In Zentralasien fehlen allgemein verfügbare Daten und Werkzeuge, mit denen die Ursachen von Naturkatastrophen und die mit ihnen verbundenen Risiken für die Bevölkerung besser eingeschätzt werden könnten. Dieses Defizit adressiert das Verbundvorhaben CaTeNA. Es zielt darauf ab, neue Erkenntnisse, Daten sowie Produkte und Dienstleistungen zu generieren und diese Behörden, Nichtregierungsorganisationen, Bildungs- und Forschungseinrichtungen oder anderen Interessenten bereitzustellen.

Durch ein Magnitude 6,8 Nura Erdbeben zerstörtes Gebäude in Kirgistan. © Deutsches GeoForschungsZentrum, Dr. Bernd Schurr

Durch ein Magnitude 6,8 Nura Erdbeben zerstörtes Gebäude in Kirgistan. © Deutsches GeoForschungsZentrum, Dr. Bernd Schurr

Eine zentrale Voraussetzung für die Einschätzung von Naturrisiken wie Erdbeben und Massenbewegungen in Gebirgsregionen ist die Kenntnis der tektonischen Rahmenbedingungen vor Ort. Hierfür lokalisiert CaTeNA tektonische Verwerfungen, bestimmt Deformationsraten und deren Änderungen. Die Lokalisierung der Deformation an Störungen und deren Verbindung zum Auftreten von Massenbewegungen in der tektonisch aktivsten Zone Zentralasiens, den Verformungsgürteln des Pamirs und Tian Shan, über die letzten 10 Millionen Jahre bis heute werden durch das Projekt beschrieben und bestimmt. An den zwei aktivsten Störungen, der Pamir-Hauptüberschiebung sowie der Darvaz Verwerfung, sollen Versatzraten der gegenüberliegenden tektonischen Plattensegmente und die Wiederkehrintervalle von großen Erdbeben bestimmt sowie deren Verbindung zu Massenbewegungen besser verstanden werden. Mit den Methoden der Weltraumgeodäsie und Seismologie soll das aktuelle Deformationsfeld charakterisiert und quantifiziert werden. Hierbei konzentriert sich CaTeNA, ergänzend zu früheren und zu parallel geführten Studien, auf den Norden und Nordosten des Pamirs, wo innerhalb des letzten Jahres drei große Erdbeben mit hohen Magnituden aufgetreten sind. Die Ergebnisse werden in die innerhalb des Projektes entwickelte und offen zugängliche Zentralasiatische Tektonik Datenbank eingepflegt und so der Öffentlichkeit, Betroffenen und Entscheidungsträgern zugänglich gemacht. Sie bilden die Basisdaten für eine genauere Abschätzung des Risikos für Erdbeben und Hangrutsche.

Temporäre seismische Station im Pamir Gebirge. © Deutsches GeoForschungsZentrum, Dr. Bernd Schurr

Temporäre seismische Station im Pamir Gebirge. © Deutsches GeoForschungsZentrum, Dr. Bernd Schurr

Fernziel: Frühwarnung

Ein weiteres wichtiges Projektziel ist die Entwicklung und Implementierung einer dynamischen Risikoabschätzung für Hangrutsche unter Einbeziehung von aktuellen seismischen Bodenbewegungskarten und hochauflösenden, modellbasierten Niederschlags- und Schneeschmelzkarten. Diese erlaubt eine verbesserte Abschätzung der aus den Geogefahren resultierenden Auswirkungen auf z.B. bewohnte Gebiete und Verkehrsinfrastruktur. Eine direkte und effiziente Kommunikation der Risiken soll durch interaktive Visualisierung basierend auf einer dynamischen, mehrsprachigen web-GIS Plattform erreicht werden. Dies ist ein wesentlicher Schritt in Richtung eines Frühwarnsystems, das den wichtigsten möglichen Auslösefaktoren Rechnung trägt.

 

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